„Was ist typisch für Pfadfinder*innen? Fragt man Außenstehende, so würden sie wahrscheinlich antworten: „Na klar, typisch für Pfadfinder sind die Tipis, in denen die immer schlafen!“ oder „Würmer essen, das ist typisch für einen Pfadfinder!“.
Das stimmt natürlich nicht!
Aber was ist denn so typisch für einen Pfadi? Hier eine kleine Auswahl:
Zeltkultur
Die Zeltkultur unseres Bundes hat eine lange Tradition. Bereits in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts erhielt unsere heutige Kohte Einzug in die deutsche Pfadfinderei. Der damalige Wandervogel „tusk“ brachte die Kohte von einer seiner Lapplandfahrten mit nach Deutschland – aus der „Lappenkohte“ wurde die sogenannte „Ur-Kohte“. In den darauffolgenden Jahren entwickelte „Tusk“ die „Ur-Kohte“ mit seinen Freunden immer weiter. Das Resultat ist jedem Pfadi von heute bekannt: unsere typische schwarze (manchmal auch weiße) Kohte.
Neben der kleinen Kohte (für bis zu 6 Personen) gibt es noch eine ganze Reihe weiterer Zelte, so z.B. Jurten (Großzelt mit Platz für 20 und mehr Personen), „Alexe“ und „Felixe“ (mittelgroße Zelte, die sich einfach und schnell aufbauen lassen) für die Meuten und andere Zeltformen, die sich beinahe beliebig kombinieren lassen.
Heute gibt es regelrechte Wettbewerbe, wer aus Kohten und Jurten die größten und imposantesten Zeltbauten errichtet. Aber überzeugt euch selbst!
Kluft und Halstuch
Die Kluft oder Tracht, wie sie auch in einigen Breiten genannt wird, ist eines unser typischen Markenzeichen. Zusammen mit dem Halstuch macht sie uns auch für Außenstehende sehr schnell als Pfadfinder kenntlich.
Der Unterschied zur Uniform besteht nicht nur in den fehlenden Rangabzeichen, auch die individuelle Auslegung (Lagerabzeichen, Verzierungen etc.) schafft unbewusst Unterschiede. Ursprünglich führte schon Baden Powell auf seinem ersten Pfadfinderlager eine einheitliche Kleidungsform (damals allerdings noch sehr militärisch ausgeprägt) ein, um Klassen- und Herkunftsunterschiede zwischen den Jugendlichen zu überdecken. Auch heute machen wir unseren Umgang miteinander nicht an Status, Herkunft, Hautfarbe oder Religion fest!
Die Verleihung des Halstuches ist für jeden Pfadfinder ein ganz besonderer Moment. Pfadfinder, die ein Halstuch tragen, haben gezeigt, dass sie sich nach den Regeln der Pfadfinderinnen und Pfadfinder verhalten und sich für die Gesellschaft einsetzen, in der sie leben. Je nach Stufe und z. T. auch stammesspezifisch gibt es unterschiedliche Halstücher. Die am Häufigsten anzutreffenden sind: Das gelbe Halstuch für die Wölflingsstufe, das blaue Halstuch für Jungpfadfinder und das blau-gelbe Halstuch für die Pfadfinderstufe.
Wölflings- und Pfadfinderregeln
Jede Gesellschaft braucht einige Verhaltensregeln, die den Umgang miteinander definieren. Bei uns Pfadfinder*innen sind das die Pfadfinderregeln. Neun Stück an der Zahl sind es, nach denen wir uns richten. Mit der Verleihung des Halstuches verspricht ein*e Pfadfinder*in nach eben diesen Regeln zu leben:
- Ich will aufrichtig und zuverlässig sein.
- Ich will den anderen achten.
- Ich will mich beherrschen.
- Ich will die Natur kennen lernen und helfen sie zu erhalten.
- Ich will dem Frieden dienen und mich für die Gemeinschaft einsetzen, in der ich lebe.
- Ich will hilfsbreit und rücksichtsvoll sein.
- Ich will zur Freundschaft aller Pfadfinderinnen und Pfadfinder beitragen.
- Ich will kritisch sein und Verantwortung übernehmen.
- Ich will Schwierigkeiten nicht ausweichen.
Auch die Wölflinge haben ihre Regeln:
- Ein Wölfling hilft wo er kann.
- Ein Wölfling nimmt Rücksicht auf andere.
Klingt nach ganz schön viel, aber um ehrlich zu sein sind es doch ganz einfache Umgangsformen, die eigentlich selbstverständlich sein sollten, oder?
Musik
Das gemeinsame Singen und Musizieren in der Jurte am Feuer ist fester Bestandteil der Zeltlagerkultur. Von den Wölflingen bis hin zu den Altpfadfindern, für jede Stufe gibt es passende Lieder. Auch die Sprache kennt beinahe keine Grenzen. Ob Deutsch, Englisch, Platt, Irisch, Italienisch, Niederländisch… alles lässt sich irgendwie singen!
In einigen Stämmen – aber auch überbündisch – haben sich viele Singerunden oder Singekreisen gebildet. Auf mehreren Wettstreiten werden die eingeübten Stücke präsentiert. Der wohl traditionsreichste Wettbewerb im Norden ist der alljährliche „Hamburger Singewettstreit“.
Eine Hörprobe gefällig? Dann schau doch mal hier vorbei!
Draußen sein
Die Natur kennen lernen und helfen sie zu erhalten – eine der Pfadfinderrege
ln, die deutlich macht, dass die Natur und unsere Umwelt einen großen Anteil an unserer Arbeit hat. Im Zeitalter von Smartphone, Tabletcomputer und facebook ist es für uns wichtig, eine Parallele zu bieten, die in der heutigen Gesellschaft viel zu oft zu kurz kommt. „Einfach mal wieder raus!“
Spätestens dann merkt jeder, dass es zwischen Schilderwald und Laubwald doch einen Unterschied gibt!
Auf Fahrten gehen
„Auf Fahrt gehen“ hat bei uns eine lange Tradition. Viele von den alten Pfadfinderliedern handeln vom Wandern und Erkunden der weiten Welt und davon, sich neben den alltäglichen Dingen wie Schule, Arbeit oder anderen Verpflichtungen ein Stück weit frei zu fühlen. Kern des „auf Fahrt gehen“ ist es auch heute noch, sich in einer kleinen Gruppe auf den Weg zu machen – ganz gleich ob zu Fuß, mit dem Rad oder auch dem Kanu – um neue Landschaften zu entdecken, gemeinsam Aufgaben zu meistern und viele spannende Eindrücke zu sammeln.
Im Gegensatz zur Fahrt wechselt man auf einem Lager den Schlafplatz nicht jede Nacht, sondern baut die Zelte in der Regel nur einmal auf und am Ende des Lagers wieder ab.
Eine besondere Form der Fahrt ist übrigens der „Hajk“. Hierbei handelt es sich um eine Fahrt, bei der die Gruppe verschiedene Aufgaben lösen muss, deren Lösungen erst die weitere Richtung vorgeben, in die es geht – kurz gesagt also eine Art „große Schnitzeljagd“.
Pfadfinderversprechen
Mit dem Pfadfinderversprechen erklärst du dich dazu bereit, nach den Regeln der Pfadfinderinnen und Pfadfinder zu handeln und dich für die Gemeinschaft einzusetzen, in der du lebst.
Zusammen mit dem Versprechen erhältst du das Halstuch verliehen, welches dich fortan begleiten wird. Wie genau so eine „Versprechensfeier“ abläuft, möchten wir an dieser Stelle nicht verraten.
Jeder Stamm hat hierbei seine ganz eigene Tradition, gemeinsam ist wohl aber die Erinnerung eines jeden Pfadfinders an „seinen ganz besonderen Abend“…
Essenskreis
Wenn wir zum Essen zusammen kommen, ist es für uns selbstverständlich, dass nicht einfach jeder
anfängt, sobald Messer und Gabel ausgepackt sind. Wir fangen erst dann mit dem Essen an, wenn alle in einem großen Essenskreis sitzen und ganz wichtig: Jemand einen Essensspruch vorgetragen hat! Was dabei gesagt oder gerufen wird, ist völlig egal… Besonders gut kommen aber Reime und lustige Sprüche an! Anschließend wird zusammen „angeschrien“.
Pfadfindernamen
…oder auch „Fahrtennamen“ tauchen immer wieder auf. Es gibt sogar Stämme und Sippen, da ist es feste Tradition, dass jeder Pfadfinder einen Fahrtennamen bekommt.
Wie auch auf dem Schulhof oder in der Freizeit handelt es sich beim Pfadfindernamen um einen Spitznamen, der z.B. aus einer lustigen oder außergewöhnlichen Situation heraus entstanden ist.
Wunder‘ dich also nicht, wenn sich plötzlich ein „Nilpferd“ oder ein „Sid“ auf dem Lagerplatz tummelt.
Da sich die Welt stetig weiter dreht und auch die Pfadfinderbewegung immer wieder vor neuen Aufgaben und Herausforderungen steht, sind es nicht nur die „klassischen Eigenarten“, die so ein Pfadfinderdasein ausmachen.
„Nachhaltigkeit“ und die „Prävention von (sexualisierter) Gewalt“ sind zwei Beispiele dieser „modernen Werte“, mit denen wir uns heute beschäftigen.
Wer einen genaueren Einblick in das Pfadfinderleben haben möchte, kann sich die sehr schöne halbstündige Dokumentation des NDR vom Bundeslager 2013 anschauen.